LBS: Keine sichere Bank.

Nach der Dezember-Montagsrunde, mit Daniel Rehn als Gastgeber, fehlt noch eine kleine Zusammenfassung, und ich konnte ein richtig schön schlechtes Wortspiel in den Titel integrieren. Also: Es geht nicht um Bankerzockerei, sondern um Nerdzockerei mit Smartphones, Location Based Networks oder auch Location Based Services. Ich persönlich halte die Bezeichnung Location Based Services für treffender, da auf anderen Plattformen doch eine spürbarere Vernetzung stattfindet, welche eher auf LBS transportiert wird, als dass sie sich dort entwickeln kann.

Natürlich ist bei jeder neuen Art von Diensten die Frage da, was es bringt. Location Based Services sind vielseitig nutzbar. Sie können eine virtuelle Reisedokumentation sein, für den Nerd bieten sie einen Spaß, sind ein Spiel, in dem man sich messen kann. Gut, dass man dafür dann im Idealfall sogar im realen Leben unterwegs ist. Für Daniel dient Foursquare beispielsweise immer wieder als eine Stechuhr- auch das ist eine mögliche Form der Nutzung von ortsbasierten Diensten. Das gegenseitige spielerische Messen von Unterwegssein und Reisen kann in eine Jagd um Mayors und Badges ausarten, mir passiert es zumindest öfter, dass man mir freundlich-aggressive Nachrichten zukommen lässt, wenn man seine Ortshoheit an mich verloren hat. Aber durch solche Sticheleien macht es auch mehr Spaß, finde ich- und wer einen digitalen Stellungskrieg will, dem sei die App foursqWAR empfohlen, gerade ist sie sogar kostenlos zu haben.

Ja, zugegeben, es stellte sich zwar recht schnell heraus, dass die Foursquare-Nutzer in der Mehrzahl sind, Markus hat sogar einen Blog zum Thema, doch außer Foursquare wären da auch noch das „bunte Gummibärenland“ (Zitat David) Gowalla, außerdem Dienste wie Brightkite, Yelp, Latitude, Places, Dailyplaces, Loca.li, gettings und Qype.

Die meisten Dienste verfolgen leicht unterschiedliche Ansätze, besonders interessant sind hier Qype, das als ein Dienst, der mit Empfehlungen von Lokalitäten anfing, als die tatsächlich ortsbezogenen Daten der Nutzer noch unwichtig waren, anfing, und somit über einen guten Grundstock an angelegten Orten verfügt, oder gettings, das auf den anrollenden Zug LBS aufgesprungen ist und sich auf die besonderen Angebote in der Umgebung des Nutzers spezialisiert hat. Gettings ist in diesem Sinne sehr durchdacht, da es einen Faktor zu besetzen versucht, der bisher das einzige Argument für weniger Social Media-Begeisterte ist. Ich warte außerdem auf den Moment, wo das Unternehmen der E-Plus-Gruppe sich entscheidet, das Base-Smartphone in Verbindung mit gettings- und umgekehrt, zu verbreiten.

Finanzielle Vorteile und besondere Angebote für Mayors, ein Freigetränk für jeden dritten Checkin, so etwas zieht neue Nutzer an. Momentan muss jedoch noch kräftig gezogen werden, die breite Masse springt noch nicht einmal auf Facebook Places richtig an. Bisher fehlen die richtig dicken, verlockenden Angebote, für die sich die „Mühe“ des Eincheckens lohnen würde. Eher kann man bei der überschaubaren Nutzergemeinde noch von Mundpropaganda sprechen, einem lokalen Empfehlungsmarketing. Für größere Ketten wäre es beispielsweise ein leichtes, mit vergleichsweise geringem Einsatz eine gute Reichweite zu erzielen, vor allem aber, wichtiger: zu begeistern.

Was außerdem immer wieder ein Manko ist: Wenn ein Dienst wie Facebook oder Qype einen LBS zum bisherigen Angebot dazubastelt, ist oft wenig echte Integrität gegeben. Zugegeben, bei Qype funktioniert es. Das hat auch den Grund, dass Qype-Lokale oft einen Aufkleber in der Tür haben- was zur regelmäßigen Nutzung von LBS fehlt, sind auch deutliche Offline-Reminder, am Eingang, in der Speisekarte oder bei der Bestellung darauf hingewiesen zu werden, dass es Specials gibt, ist ein oft fehlender Impuls.

Nun noch ein kleiner Datenschutz-Exkurs: Bei den meisten Diensten entscheidet man sich stets erneut, ob und wie man seinen derzeitigen Standpunkt mitteilt.  Ein automatischer Checkin, technisch durchaus möglich, würde die Privatsphäre zu stark einschränken- bis auf Google Latitude, das sich selbstständig aktualisieren kann, scheint das kein Dienst durchsetzen zu wollen. Obwohl ich meine Daten ja sehr offen handhabe, ist mir noch eines wichtig: Facebook bekommt meine Location nicht. Ich finde es persönlich besser, wenn ich diese Daten einem anderen Dienst anvertrauen kann, falls ich möchte, das aber auch in Facebook posten. Das sieht in einem halben bis ganzen Jahr vielleicht schon ganz anders aus.

Wir wissen nicht, wie, wo, welcher LBS in Zukunft wichtig wird. Es gibt „keine sichere Bank“, wenn auch klare Favoriten. Die nächste Montagsrunde zum Thema „Augmented Location Services“ (in einem Jahr, circa) übernehme dann ich 😉

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